Carl Neumann

Carl Neumann wurde am 1. Juni 1860 in Mannheim als Sohn einer begüterten jüdischen Kaufmannsfamilie geboren. Er studierte in Heidelberg und Berlin Geschichtswissenschaften und promovierte 1882 in Heidelberg über „Bernhard von Clairveaux und die Anfänge des zweiten Kreuzzuges“. Neben seiner Begeisterung für die Antike begann er sich zu dieser Zeit auch für zeitgenössische Kunst zu interessieren.

Mit seiner Habilitationsschrift über die „Weltstellung des Byzantinischen Reiches vor den Kreuzzügen“ erhielt er 1894 in Heidelberg die „Venia legendi“ für Geschichte und Kunstgeschichte. Seine thematischen Schwerpunkte waren die Spätantike sowie die Kultur des Mittelalters. In seinen kunsthistorischen Veranstaltungen schlug er stets die Brücke von der zeitgenössischen Kunst zur jeweiligen Stilepoche, um die Kunstgeschichte eng mit der Gegenwartskunst zu verknüpfen. Nach psychischen Erkrankungen mit längeren Klinikaufenthalten lenkte ein elementares Erlebnis sein Forschungsinteresse in eine neue Richtung: Neumann wurde in der Bildergalerie in Kassel von Rembrandts Gemälde „Jacobssegen“ überwältigt. Er widmete sich fortan mit voller Begeisterung der Kunst des 17. Jahrhunderts und veröffentlichte 1901 eine Rembrandt-Monographie, die seinen Ruhm als Rembrandtforscher begründete. Von 1903 bis 1904 lehrte er an der Göttinger Universität und anschließend an der Universität in Kiel, bis er 1911 einem Ruf an die Universität Heidelberg folgte, der er bis zu seiner Emeritierung 1929 angehörte. 1939 siedelte er nach Frankfurt a.M. über, wo er am 9. Oktober desselben Jahres verstarb.

Als Heidelberger Student der Kunstgeschichte besuchte Wilhelm Fraenger Neumanns Seminare und kunsthistorische Übungen zu Dürer, Grünewald, Holbein, Rubens und Rembrandt. Außerdem hörte er Neumanns Vorlesungen zur französischen und niederländischen Kunstgeschichte. Dabei fiel Fraenger durch seine Originalität und sein breit gefächertes Wissen auf. In der Folge motivierte Neumann den jungen Fraenger 1913 zur Teilnahme an der Preisaufgabe der philosophischen Fakultät, die dieser glänzend löste. Zur Freude Neumanns reichte Fraenger 1917 – inzwischen auch Assistent am kunsthistorischen Institut – eine neben der Preisaufgabe thematisch neu verfaßte Dissertationsschrift ein, lehnte aber später zum Bedauern seines Doktorvaters eine weitere universitäre Laufbahn ab.