Karl Lamprecht
Karl Lamprecht wurde am 25. Februar 1856 in Jessen a.d. Elster geboren. Er studierte in Göttingen und Leipzig Geschichtswissenschaften, Jura und Nationalökonomie, promovierte 1877/78 mit einer rechtshistorisch-biographischen Arbeit über „Ivo von Chartres und die französische Zehntfrage“ und legte 1879 in Leipzig sein Lehrerexamen ab. 1880 wurde Lamprecht in Bonn mit einer Arbeit über den Chronisten Dietrich Engelhus habilitiert. 1881 gründete er, gefördert von seinem langjährigen Mäzen, dem Industriellen Gustav von Mevissen, die „Gesellschaft für rheinische Geschichtskunde“. Nach Ordinariaten in Bonn und Marburg, wurde er 1891 an die Universität Leipzig und 1892 an die Kgl. Sächsische Akademie der Wissenschaften berufen. 1910/11 stand er der Universität Leipzig als Rektor vor. 1912 wurde er zum Vorsitzenden der „Gesellschaft für Hochschulpädagogik“ gewählt. 1914 gründete er mit Unterstützung aus dem Großbürgertum das erste aus privater Initiative entstandene geisteswissenschaftliche Lehr- und Forschungsinstitut, die „König Friedrich August-Stiftung für wissenschaftliche Forschung zu Leipzig“. Lamprecht galt als effizienter Wissenschaftsorganisator und Hochschulpädagoge. Seine wissenschaftlichen Arbeiten (u.a. „Deutsches Wirtschaftsleben im Mittelalter“ und „Deutsche Geschichte“) führten methodisch und inhaltlich zum sogenannten „Lamprechtstreit“. Hiernach vertrat Lamprecht entgegen der herkömmlichen Geschichtsschreibung die These, daß nicht einzelne Ereignisse und Personen, sondern Kulturepochen als Spiegel der psychischen Verfassung menschlicher Gemeinschaften Gegenstand sozialhistorischer Untersuchungen sein sollten. Lamprecht starb am 10. Mai 1915 in Leipzig.
Als Heidelberger Student befaßte sich Wilhelm Fraenger intensiv mit Lamprechts kulturhistorischen Schriften. Insbesondere durch dessen synoptisches Spätwerk „Einführung in das historische Denken“ von 1912 fühlte sich Fraenger in seinen Ansichten und seinem interdisziplinären Wissenschaftsbegriff bestätigt. Insofern bildete Lamprechts mentalitätsbezogener, kulturhistorischer Ansatz den theoretischen Hintergrund für Fraengers kunsthistorische und volkskundliche Betrachtungen.