Fritz Wichert
Der Kunsthistoriker Fritz Wichert wurde 1878 in Kastel bei Mainz geboren. Nachdem er von 1907 bis 1909 als Assistent am Städelschen Kunstinstitut in Frankfurt a.M. tätig war, wurde er 1909 zum ersten Direktor der Mannheimer Kunsthalle ernannt. Seine Aufgabe war es, die Sammlung aufzubauen. Auf Widerstand in der Bevölkerung stieß seine Begeisterung für moderne Kunst. Fritz Wichert erwarb für die Kunsthalle vor allem Werke französischer und deutscher Impressionisten sowie zeitgenössischer expressionistischer Künstler, wobei er das Ziel verfolgte, „Werte exemplarischer Qualität und Aussage zu sammeln“. Zur Unterstützung der Kunst der französischen Impressionisten gründete er die „Mannheimer Bewegung“.
Ein wesentliches Anliegen Wicherts war die Vermittlung von Kunst und Kultur an alle Bevölkerungsschichten. Deshalb gründete er vor dem Ersten Weltkrieg den „Freien Bund zur Einbürgerung der Kunst in Mannheim“ sowie die „Akademie für Jedermann“. Bildende Kunst sollte ein Teil der Alltagskultur sein. In Lichtbildvorträgen konnte sich jeder Interessierte über aktuelle kulturelle Themen informieren und mit der Deutung moderner Kunst auseinandersetzen.
Zu Kriegsbeginn wurde Wichert zum diplomatischen Dienst in die Deutsche Botschaft in Den Haag abgestellt. 1917 ließ ihn der Staatssekretär des Auswärtigen Amtes, Richard von Kühlmann, als Privatsekretär nach Berlin kommen. Erst 1919 nahm Wichert die Leitung der Mannheimer Kunsthalle wieder auf und blieb dort bis 1923. Anschließend ging er nach Frankfurt, wo ihm die Leitung der neu gegründeten „Frankfurter Schule für freie und angewandte Kunst“ übertragen wurde.
Nachdem er 1933 von den Nationalsozialisten „beurlaubt“ und später entlassen wurde, zog er sich auf die Insel Sylt zurück, wo er nach dem Zweiten Weltkrieg von 1946 bis 1948 als Bürgermeister tätig war. Am 24. Januar 1951 starb er in Kampen.
Der Kontakt zwischen Fraenger und Wichert läßt sich für die Zeit von 1913 bis 1938 nachweisen. Sowohl Wichert als auch Fraenger sahen ihre Aufgabe darin, Kunst und Kultur aus einem elitären Rahmen in die breite Öffentlichkeit zu bringen, wobei die interdisziplinäre Auseinandersetzung mit zeitgenössischer Kunst einen Schwerpunkt bildete und ein breites Spektrum (bildende und darstellende Kunst, Literatur, Musik) abgedeckt wurde. Der gegenseitige Austausch war naheliegend: Fraenger hielt nach dem Ersten Weltkrieg wiederholt kunstwissenschaftliche Vorträge in Mannheim, Wichert wurde als Redner für mehrere Veranstaltungen der „Gemeinschaft“ in Heidelberg gewonnen.
1946 nahm Fraenger Wicherts „Akademie für Jedermann“ zum Vorbild für die Gründung der Volkshochschule in Brandenburg.